Geschichten

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Die Fahrschüler A.Salz und G.Siegmund 1935

 

 

 

 

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Zeitzeugen

Im Schweinsgalopp bei Liebchensruh
Hans Stolzmann
(Direktor der RBD Königsberg)

Bei den Treuburger Kleinbahnen sprang während der Fahrt durch die Kurve bei Liebchensruh die Tür eines Güterwagens auf, und ein Dutzend Borstentiere purzelten ins Freie. Wohlbehalten sausten sie grunzend in Richtung See und Forst, verfolgt vom Zug- und Lokomotivpersonal, dem sich mit schallendem Hallo eine Anzahl Fahrgäste anschloß. Die ganze Gegend hallte von dem Gequieke der an Zagel und Ohren ergriffenen Kujjels wieder. Bei Regge und Leffkowitz wurde hinterher mit Kornussen die Strecke geblasen.
aus: Die Privatbahnen und Kleinbahnen Ostpreußens, Folge 2 Kleine Eisenbahnschriften, Heft 38, Verlag W. Böttchers

Was wäre Schwentainen ohne seine Kleinbahn?
Fritz Gorny (Schwentainen)

Liebevoll nannte der Volksmund sie „Spulkebahn“ oder „Kujel“. Sie war eine Schmalspurbahn und wurde zu Beginn dieses Jahrhunderts gebaut. Sie verband unseren Ort und alle an der Strecke liegenden Ortschaften mit der Kreisstadt. Sie stellte die Verbindung zur Deutschen Reichsbahn her und schaffte so für uns den Anschluß an die große, weite Welt. In der Regel verkehrte sie einmal täglich, verließ früh um 6:30 Uhr unseren Ort und kehrte gegen 15:00 Uhr wieder zum Heimatbahnhof zurück.
Wer kein eigenes Fuhrwerk besaß, und auch nicht mit dem Fahrrad nach Treuburg fahren wollte, benutzte die Kleinbahn. Die einfache Fahrt kostete 1,05 Mark, die Hin- und Rückfahrkarte 1,50 Mark.
Unentbehrlich war die Bahn für die Schüler, die weiterführende Schulen in Treuburg besuchten, um dort die Prüfungen für die Mittlere Reife oder für das Abitur abzulegen.
Solche Sprüche wie „Blumenpflücken während der Fahrt verboten!“ wurden belächelt. Überlegenswerter war schon der Werbespruch der Kleinbahn, der in allen Abteilen der Personenwagen und auch im Bahnhofsgebäude aushing: „Wer richtig rechnet, fährt und verfrachtet mit der Kleinbahn!“
Die Kleinbahn brachte uns im Sommer die Briketts für die Winterbevorratung. Sie trugen meist den Fabriknamen „Ilse“ oder „Sonne“ eingeprägt und kamen aus dem Senftenberger Braunkohlerevier. Im Herbst und im Frühjahr brachten die Güterwagen den Mineraldünger, den der „Raiffeisen-Verein“ (geleitet von Podufals), an die Bauern und Güter verkaufte oder in dem Lagerschuppen am Bahnhof aufbewahrte. Täglich beförderte die Bahn die Milch aus unseren Orten zur Molkerei in die Kreisstadt, aber auch das verkaufte Getreide wurde auf diesem Wege fortgeschafft. Die Kleinbahn war für unsere Orte damals unentbehrlich, obwohl es viel körperlichen Arbeitsaufwand erforderte, die Güter aus den Waggons der Reichsbahn in die der Schmalspurbahn umzuladen und umgekehrt!
aus Sembritzky, Ortschronik Schwentainen,
Kreisgemeinschaft Treuburg

 

Mit der Kleinbahn in die Schule
Kurt Soyka

Die zwei Kleinbahnen von Garbassen bzw. von Schwentainen zur Kreisstadt Treuburg (früher Marggrabowa) wurden von den anliegenden Dorfbewohnern gerne genutzt, kam man doch so bequem in die Stadt zu den Behörden, Rechtsanwälten und natürlich zu den besonderen Einkäufen in den großen Geschäften am Markt. Um alle Fahrgäste aufnehmen zu können, mußte die Kleinbahn an den beiden Wochenmarkttagen –Dienstag und Samstag– zwei zusätzliche Personenwagen dritter und vierter Klasse mitführen. Letztere füllten die Marktfrauen mit ihren großen Körben, in denen sie landwirtschaftliche Produkte aller Art, unter anderem Pilze und Beeren, zum Markt trugen.
Ständige Fahrgäste der Kleinbahn waren wir Schüler der Stadtschulen — Landwirtschafts- und Realschule (später Oberrealschule) — sowie Mädchenmittelschule (später Lyzeum). Ein Personenwagen der Kleinbahn hatte zwei Abteile: die zweite Klasse (Polsterklasse) und ein Abteil dritter Klasse mit etwa zwanzig Plätzen, das als Schülerabteil galt. Leider war es als solches in keiner Weise bezeichnet, sodaß immer wieder Erwachsene hinein wollten. Wenn sie aber noch in der
Tür waren, erscholl schon aus mehreren Kehlen der Warnruf „Kindercoupé“! Das schreckte die Alten meistens, aber nicht immer, zurück. Sei hatten dann während der Fahrt unter mancherlei Lästerungen unsererseits zu leiden.
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Kleinbahnerinnerungen
Hilmar Schwemmer-Drosten

Sie dampfte dreimal täglich von Garbassen nahe der polnischen Grenze durch den Grenzort Mierunsken vorbei an der Domäne Drosdowen und den Rittergütern Billstein und Lehnarten auf kurvenreicher und nicht immer ebener Strecke nach Süden in unsere Kreisstadt Treuburg und von dort nach Südwesten vorbei an Suleyken bis nach Schwentainen —die Kujel, wie wir sie mit kurzem „u“ gesprochen, liebevoll nannten, unsere Kleinbahn, unentbehrliches Transportmittel für die Güter- und Personenbeförderung, der Landwirtschaft gleichermaßen nützlich wie uns Schülern, die wir in der Stadt das Gymnasium besuchten, und unseren Eltern, die mit ihr fuhren, um dort größere Einkäufe zu tätigen.
An den Haltestellen, wo jeweils eine einfache Wellblechbude mit einer umlaufenden Holzbank im Inneren den wartenden Reisenden mäßigen Schutz gegen Wind und Wetter bot, hielt sie nur bei Bedarf, der dem Lokomotivführer durch den Wartenden selbst oder vom immer freundlichen schnauzbärtigen Zugführer Lekzik signalisiert wurde, die den Reisenden regelmäßig in den Abteilen der 2. und 3. Klasse kontrollierte, das Fahrgeld von den Zugestiegenen kassierte und die Fahrkarten knipste, und da er nahezu alle einheimischen Fahrgäste persönlich kannte, wußte er auch, wo sie auszusteigen pflegten. So kam es, daß das Bähnchen oft an den Haltestellen ohne anzuhalten, vorbeifuhr, wenn dort niemand stand und auf diese Weise so manche Verspätung wettmachte, die sich an dieser oder jener Steigung wegen der zusätzlichen Last angehängter Güterwagen voller Kartoffeln, Rüben oder Getreide eingehandelt hatte.
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