Planung und Bau Zunächst zwei einschlägige Ausschnitte aus dem Artikel »Die Eisenbahn« von Reichsbahnrat Walther. Kreisgemeinschaft Gumbinnen. […] Fast ein halbes Jahrhundert blieb die Ostbahn die einzige Gumbinnen berührende Eisenbahn. Nach der geografischen Lage der Stadt kam auch der Bau einer weiteren Hauptbahn für den Durchgangsverkehr nicht in Frage. Als jedoch Preußen nach Abschluss der großen Verstaatlichungsaktion gegen Ende des vorigen (des 19.) Jahrhunderts daran ging, Jahr für Jahr die noch bestehenden Maschen des Hauptbahnnetzes durch den Bau von Nebenbahnen auszufüllen und damit das Hinterland dem Eisenbahnverkehr zu erschließen, begann auch für Gumbinnen wieder eine Zeit des Eisenbahnbaues. Zunächst wurden im Jahre 1904 die Mittel für den Bau der 49,1 km langen Nebenbahn Gumbinnen–Wehrkirchen (Szittkehmen) bewilligt. Sie sollte vor allem das landschaftlich reizvolle, bis dahin abseits der Verkehrswege gelegene Gebiet der Rominter Heide erschließen und den Verkehr mit der Regierungshauptstadt erleichtern. Durch den späteren Weiterbau der Strecke über Meschen–Bodenhausen nach Goldap und der Bahnlinie Stallupönen–Tollmingkehmen war die Rominter Heide an allen Stellen zu erreichen. Am 1. Oktober 1907 wurde die Teilstrecke Gumbinnen–Tollmingkehmen, im Sommer 1908 die Reststrecke dem Verkehr übergeben. Im selben Jahre bewilligte der Landtag die Mittel für den Bau einer weiteren, für Gumbinnen bedeutungsvollen Eisenbahnlinie, nämlich der 67,2 km langen Strecke Angerburg–Gumbinnen. Vor allem bedingte der Bau beider Bahnen eine wesentliche Erweiterung der Bahnhofsanlagen in Gumbinnen, insbesondere der Bahnsteiganlagen. Der Platz hierfür konnte nur gewonnen werden, indem der alte, dem wachsenden Verkehr ohnehin nicht mehr genügende Güterschuppen abgebrochen und ein Neubau errichtet wurde. Aus dem gleichen Grunde mussten die Ladestraßen weiter vom Empfangsgebäude und den Bahnsteigen abgerückt werden. Schließlich war für die Unterbringung der Lokomotiven der neuen Strecken ein neuer, größerer und günstiger gelegener Lokomotivschuppen notwendig. Die Zahl der Gumbinner Eisenbahnbeamten vermehrte sich ebenfalls nicht unbeträchtlich, vor allem dadurch, dass ein Teil des Lokomotiv- und Zugbegleitpersonals für die neuen Strecken in Gumbinnen stationiert sowie eine weitere Bahnmeisterei eingerichtet wurde. Bald nachdem am 1. Juli 1914 auch die Strecke Angerburg–Gumbinnen dem Betrieb übergeben worden war, drohten schon die Wetterwolken des heraufziehenden Ersten Weltkrieges am Horizont. Ehe die Vorteile dieser neuen Verkehrsverbindung für das Wirtschaftsleben der Stadt sich voll auswirken konnten, brach der Erste Weltkrieg und mit ihm eine schwere Zeit für Gumbinnen herein. Aufmarsch-, Nachschub-, Rückzug- und Flüchtlingstransporte erforderten Tag und Nacht die Anspannung aller Kräfte. Zahlreich und mannigfach waren die Schäden und Zerstörungen, die der Russeneinbruch zur Folge hatte, aber mit um so größerer Tatkraft wurden sie nach der Befreiung Gumbinnens wieder beseitigt. Allerdings konnte es bei der langen Dauer des Krieges, dem Mangel an Arbeitskräften und Rohstoffen und den ungeheuren Anforderungen, die der Krieg an Menschen und Material der Eisenbahn stellte, nicht ausbleiben, dass nach Kriegsende und nach dem Wiedereintreten geregelter wirtschaftlicher Zustände ein umfangreiches Wiederaufbauwerk einsetzen musste. Eine Erweiterung und Verbesserung der Bahnanlagen, wie man sie von der Vorkriegszeit her gewohnt war, trat zunächst zurück. […] […] Der Reiseverkehr zwischen Ostpreußen und dem übrigen Reich erfuhr durch die Einführung der Ostpreußenrückfahrkarte eine beträchtliche Steigerung und Belebung. Das wirkte sich auch für Gumbinnen als Ausgangspunkt zum Besuch der landschaftlich so reizvollen Rominter Heide vorteilhaft aus. Als wir aus der Heimat vertrieben wurden, besaß Gumbinnen einen modernen, neuen Bahnhof mit Bedachung, Unterführungen zu den einzelnen Bahnsteigen und sonstige neuzeitlichen Einrichtungen. Im Zentralblatt der Bauverwaltung vom 20. April 1904 findet sich unter Vermischtes: Das Bildarchiv Ostpreußen besitzt eine Postkarte vom Bahnbau des Streckenabschnittes Groß Schackummen–Mehlkehmen bei Messeden. Darauf eine Feldbahnlokomotive mit offenen Wagen: Auch der Kaiser in Berlin scheint nicht uninteressiert zu sein: Schließlich liegt ja sein Jagdrevier Rominter Heide am Wege und ist dann über die preußische Ostbahn gut erreichbar; der für einen gebührenden Empfang gebaute Kaiserpavillion steht allerdings schon in Groß Rominten. Wilhelm II. war bei allen Bahnen rund um „seine“ Rominter Heide „interessiert“. Dafür gibt es genügend Belege. Das Thema wird von ZEIGERT in seinem Buch „Verschwundene Gleise. Die „Kaiserbahn” Goldap–Szittkehmen“ ausführlich abgehandelt. Dort wird neben dem Kaiser auch auf Friedrich von Berg Bezug genommen. Von Berg war des Kaisers Korpsbruder (Borussia), sein Studienfreund, 1903 bis 1906 Landrat in Goldap, sein Jagdfreund in Rominten, und so weiter. Er wird sich sicher für diese Bahnstrecke seines Freundes und auch die Verlängerung nach Goldap ausgesprochen haben. Auch deshalb nenne ich die Strecke Gumbinnen–Szittkehmen von-BERG-BAHN. Formal wurde sie 1901 vom Regierungspräsidenten vorgeschlagen und von 1904 bis 1908 gebaut; sie war weder ökonomisch noch touristisch wirklich sinnvoll. Es gibt Belege, daß beim Bau, unter anderem bei einer Streckenbereisung 1906, von Berg als Landrat in Goldap teilnahm. Stolz berichtet das Gumbinner Kreisblatt Nr. 34 vom 22.8.1908 unter Nr. 644 von der Antwort des Wilhelm Rex auf ein Huldigungstelegramm anläßlich der Eröffnung der Eisenbahn. Bereits im Jahre 1912 existierten detaillierte Pläne des Umbaus des Bahnhofes Szittkehmen zur Verlängerung der Strecke in Richtung Goldap: Im Rahmen des begonnenen militärischen Ausbaues Goldap–Pablindzen–Sestako (Litauen) ab Ende 1916 wurde ein Gleisdreieck südlich von Szittkehmen geplant. In folgender Schemazeichung aus KRETSCHMANN ist, neben den beiden Feldbahnen Szittkehmen–Rutka-Tartak und Pillupönen–Gradzyski, am unteren Bildrand auch die zweigleisige Vollbahn Marggrabowa–Suwalki eingezeichnet. Diese wurde wegen ihrer großen Bedeutung bereits am 12. Juli 1915 in Betrieb genommen. nächste Seite: Zar Nikolaus und Kaiser Wilhelm (die jeweils II.)
Bereits vor dem Weltkrieg und bis zu dessem Ende wurde gar eine Strecke Szittkehmen–Pablindzen–Suwalki erwogen. Siehe nächste Seite.