Die Heeresfeldbahn Laugszargen–Kielmy
Erste Feld- und Kriegsbahnen.
Proviant und Munition für den vor Schaulen kämpfenden Teil der 8. Armee wurden von Tilsit auf der Landstraße über Laugzargen–Tauroggen herangefahren. Außerdem wurde neben dieser Straße eine 600 mm Feldbahn von Laugszargen nach Kielmy (78 km) erbaut.
Am 4. Mai 1915 begonnen, konnte die Bahn am 30. Juni bis etwa zur Hälfte und am 19. Juli in ihrer ganzen Länge benutzt werden.
Abgesehen von dem Bau von etwa 80 Brücken, darunter die »große« 9 Meter hohe und 155 Meter lange Brücke über den Jurafluß, ein beliebtes Postkartenmotiv der Eisenbahnpioniere, bereiteten Unwetter größte Schwierigkeitenn. Unaufhörliche Regengüsse weichten die Straße auf, sodaß die Pferdekolonnen ihren Weg über den eben geschütteten, noch unbefestigten Bahnkörper suchten.
Hesselinck/Tempel: Eisenbahnen im Baltikum S. 21
Deutsche Kriegsbahnen
Zur Entlastung (der zweigleisigen Bahn Insterburg–Wirballen–Koschedary–Raziwilischki–Jelowka) wurde am 12. September der Bau einer eingleisigen sogenannten Kriegsbahn Laugszargen–Radziwilischki (125 km) mit Verbindungskurve nach Schaulen begonnen, sodaß eine neue Verbindung Insterburg–Tilsit–Laugszargen– Raziwilischki–Jelowka entstand. Nach Inbetriebnahme des neugebauten Abschnitts wurde die 600 mm-Feldbahn zunächst noch im Abschnitt bis Skaudvile betrieben, später aber gänzlich abgebrochen.
Hesselinck/Tempel: Eisenbahnen im Baltikum S. 23
Der Bau der Feldbahn Laugszargen–Kielmy
Zur Ablenkung der Russen von der bevorstehenden Offensive der Verbündeten bei Gorlice brach Ende April 1915 starke deutsche Heereskavallerie, durch einige Infanteriedivisionen gestützt, gegen die russische Flanke im äußersten Norden vor. Schaulen und Libau wurden besetzt. Unter dem Druck der vom Feinde schnell herangezogenen Verstärkungen bildete sich längs Dubissa und Windau eine neue Front.
Da zwischen dem ostpreußischen Netz und den neu besetzten Gebieten keinerlei Bahnverbindungn bestand, wurde zur Verbesserung der Nachschubverhältnisse der Bau einer Feldbahn von Laugszargen nach Skaudvile befohlen und am 4. Mai durch E. B. K. 34 mit den Arbeiten hierfür begonnen.
Bis zur Abberufung der Kompagnie am 2. Juni waren keine wesentlichen Baufortschritte erzielt. Vom 10. Juni ab nahm man den Bau mit stärkeren Kräften wieder auf. Hierzu trafen an Eisenbahntruppen ein:
E. B. K. 16, 32 und L. E. B. K. 2 am 10. 6. 15
E. B. K. 15 am 15. 6. 15
F. E. B. K. 6 am 16. 6. 15 und
R. E. B. K. 19 am 18. 6. 15.
Die von Laugszargen ausgehende Feldbahn überschritt 5 km nördlich davon auf einer 100 m langen Brücke die Jeresina, an die sich beiderseits bedeutende Dammschüttungen anschlossen. von hier aus verlief die Bahn längs der großen Straße nach Tauroggen, führte auf einer 155 m langen und 9 Meter hohen Brücke über die Jura und folgte in ihrem weiteren Verlauf der Straße nach Skaudvile (km 36), das am 30. Juni in Betrieb kam. Hier eventuell Anschluß an ausgedehnteres Netz südlich der Dünafront. Knipping S.
Inzwischen war der Befehl zur Verlängerung der Bahn bis Kielmy (km 78) ergangen, und die Betriebseröffnung dorthin am 19. Juli erfolgt.
Für den Bau der Feldbahn fand vorbereitetes Gleismaterial Verwendung, dessen erste Sendung am 19. Juni in Laugszargen eintraf. Starker, anhaltender Regen beeinträchtigte die Unterbauarbeiten erheblich. Außerdem wirkte sehr störend, daß bei dem schlechten Zustand der Wege die Kolonnen und Truppenfahrzeuge vielfach den soeben fertiggestellten Bahnkörper der Feldbahn als Fahrweg benutzten, wodurch wiederholte sehr zeitraubende Nacharbeiten notwendig wurden. Die Bahn erreichte vorübergehend eine Tagesleistung von 1500 t und gewann später für die Heranführung der Baustoffe zum Bau der Vollbahn Laugszargen–Radziwiliszki Bedeutung.
Am 27.7.1915 Befehl zum Weiterbau über Kielmy hinaus bis Schaulen zu bauen. 5.8.1915 Einstellung des Planes. (Knipping S. 159)
In der Nacht vom 8./9. Dezember wurden einzelne Joche der bei Tauroggen über die Jura führende Feldbahnbrücke durch ein vom Hochwasser abgetriebenes Floß stark beschädigt und die auf die Uferböschungen gesetzten Böcke durch den stark angeschwollenen Fluß unterspült. Die hierdurch entstandenen Beschädigungen zwangen zur Einstellung der Verkehrs über die Brücke. Die für die Wiederherstellung bestehenden Schwierigkeiten waren bei dem starken Eistreiben und Hochwasser so groß, daß man sich für den Bau einer Umgehungsstrecke entschied, die den Fluß auf der benachbarten Straßenbrücke überschritt. Am 14. Dezember war die Betriebsstörung behoben.
Durch anhaltenden Regen und starke Schneeschmelze trat am 7. Januar 1916 nochmals ein so gewaltiges Hochwasser der im Gebiet der Feldbahn gelegenen Wasserläufe ein, daß zahlreiche Stellen der Bahn ernstlich gefährdet waren. Größerer Schaden wurde jedoch nur bei Botoki angerichtet, wo das Hochwasser der Ancza einen 3 m hohen Damm auf etwa 120 m Länge fortriß.
Kretzschmann: Die Wiederherstellung der Eisenbahnen auf dem östlichen Kriegsschauplatz S.101
Bau der Vollbahn Laugszargen–Radziwilischki(–Schaulen)
Durch Befehl des Chefs des Feldeisenbahnwesens Oberst Gröner vom 12. September 1915 wurde die Militär-Eisenbahndirektion Nr. 5 mit den Vorarbeiten für den Bau einer Vollbahn von Laugszargen nach Schaulen bzw. Radziwilischki zur Herstellung einer neuen Verbindung von Ostpreußen zur Dünafront beauftragt. Der Bau der Bahn sollte beschleunigt durchgeführt werden. Als allgemeine Bedingungen für die Linienführung waren bestimmt:
kleinster Halbmesser 300 m
größte Steigung 1 : 100
Entfernung der Bahnhöfe etwa 7 km
Die Ausführung der Vorarbeiten wurde E. B. K. 16 übertragen, die am 14. September mit der Absteckung von Laugszargen und am 18. September von Radziwilischki aus begann. Vor Beginn der Absteckung mußten zwei wesentliche Fragen entschieden werde. wo soll die Bahn in die Libauer Strecke einmünden, und wo der Übergang über das Dubissatal gebaut werden.
Die für den Bau schließlich gewählte Linie, welche die Kreise Rossenie und Schaulen des Gouvernements Kowno erschloß, kreuzte nordöstlich die große Heerstraße Tilsit–Schaulen, wendete sich dann in östlicher Richtung zum Lager Tauroggen, von wo sie nach Nordosten in die Gegend südlich Botoki verlief. Von hier führte sie in zuerst östlicher, dann nordöstlicher Richtung nach Lidowany an der Dubissa, deren Tal auf einer 42 m hohen Brücke überschritten wurde. Nördlich der Dubissa lief die Trasse in allgemein nordöstlicher Richtung, um bei Monkuszki in die Strecke Libau–Dünaburg einzumünden.
Die Bahn hatte eine Länge von 124,4 km und enthielt 18 Zwischenbahnhöfe mit einer Gleisentwicklung von insgesamt 50 km. …. Die Stationsgebäude wurden im russischen Blockhausstil auf gemauerten Fundamenten errichtet. Die Inbetriebnahme erfolgte am 20. Juni 1916.
Das größte Bauwerk war die 670 m lange und 42 m hohe „Feldmarschall-Hindenburg-Brücke“ über die Dubissa, die allein 7000 cbm Holz erforderte. Es wurde eine sechsstöckige Pfahljochbrücke mit einer Basis von 21 m und einer Scheitelbreite von 5,5 m. …. Die Anfuhr des Holzes erforderte viel mehr Arbeit als der Aufbau der Brücke selbst. Ohne die Feldbahn Laugszargen–Kielmy wäre der Bau der Bahn in der tatsächlich erreichten Zeit unausführbar gewesen. So wurden Verpflegung, Baustoffe und Geräte für den Brückenbau zunächst mit der Feldbahn bis Drubsty (zwischen Skaudvile und Kielmy) und von hier zur Brückenbaustelle über Land befördert, ….
Im Spätsommer 1916 erging durch den Chef des Feldeisenbahnwesens an verschiedene Brückenbauanstalten die Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen und Angeboten für den Ersatz der hölzernen Dubissabrücke durch eine solche endgültiger Bauart. Sie sollte in etwa 20 m Entfernung von der Holzbrücke errichtet werden. …. Nach den ersten Anordnungen war die Brücke mit nur eingleisigen Überbauten auszuführen.
Als aber am 29.12.1916 der Chef des Feldeisenbahnwesens (seit Anfang November Oberst v. Oldershausen) den zweigleisigen Ausbau der Strecke Laugszargen–Radziwiliszki befahl, wurde am 17. 1. 1917 auch der Ausbau der Brücke für zwei Gleise angeordnet und die bereits fertiggestellten Entwürfe und Zeichnungen entsprechend geändert. …. Die Arbeiten für Unterbau und Brückenbau wurden ausschließlich deutschen Unternehmen übertragen. Nach Fertigstellung der beiderseitigen Anschlußdämme und Gleisanschlüsse fand am 17. Mai 1918 die Belastungsprobe und am folgenden Tag die Inbetriebnahme des Bauwerkes statt. Die Holzbrücke wurde hierauf abgebrochen.
Zum Abschluß der zweigleisigen Ausbauarbeiten der ganzen Strecke ist es während des Krieges nicht mehr gekommen.